Hier zeige ich eine Grafik, die ich vor kurzem in einem anderen Post benutzt habe. Da können Sie sehen, wie der Anteil der Exporte, die mit Erdöl nichts zu tun haben, seit 1998 gesunken ist. Es ist nicht nur der Anteil, der gesunken ist: es werden immer weniger Dollars aus dem Ausland für nicht-erdölbezogene Waren oder Dienste verdient als vor 15 Jahren.
Export in Milliarden $: rot Erdöl und Nebenprodukte, blau: andere Exporte |
Zelik sagt uns, dass der Minister Elías Jaua eine Lösung gefunden hat. Dabei handelt es sich um dieselben Projekte sein, die seit Ankunft des Militärscaudillos Chávez angekündigt waren. Anscheinend hat Herr Zelik die ganze Geschichte der letzten 14 Jahren verpasst, eine Geschichte verfehlter Projekte und zunehmender Korruption in einem sehr korrupten Land.
Für die Deutschen muss ich erklären, wer dieser Herr Elías Jaua ist: er ist der Minister, der sein Kindermädchen in einem staatlichen Flugzeug nach Brasilien fliegen lässt und zwar mit einem Koffer, wo ein Revolver liegt. Er ist der Mann, den Chávez als Gouverneur des Bundesstates Miranda haben wollte. Da die Leute ihn gar nicht wählten, da Capriles, einen oppositionellen Politiker, die Stelle gewann, hat die Nationalregierung das meiste Geld, das laut Verfassung der Regierung Mirandas gehörte, einfach zu einem Fonds umgeleitet, der von Jaua verwaltet wird - eine parallele Regierung, wie überall, wo die Opposition eine lokale Regierung gewinnen konnte. Wir werden hier das Thema nicht ansprechen, wie der Wahlrat immer die Nationalregierung begünstigt oder wie die Nationalregierung Staatsmittel - inklusiv Autos - benutzt, um mehr Stimmen zu kriegen. Auf jeden Fall ist das der Minister, der Ideen über einen neuen Weg hat. Dieser Minister aber sagt nichts anders, als was der Caudillo Chávez immer wieder sagte. Und das will Herr Zelig als Neues verkaufen.
Zeliks Position ist alles andere als neutral. Objektivität lässt sich nicht erkennen. Er sagt unter anderem, dass er in Caracas weniger Straßenarmut gesehen hat als in Berlin. Das ist schlicht und einfach Lug und Trug...es sei denn, seine Definition von Straßenarmut lautet "Obdachlose, die neben Kaufhäusern oder U-Bahnen schlafen". Wenn seine Definition so wäre, wäre die Lage in Caracas tatsächlich besser als in Berlin. Ist das aber alles, was er unter Straßenarmut versteht? Die Anzahl der Menschen, die in heruntergekommenen Häusern in Venezuela wohnen ist riesig und die Lage hat sich seit 15 Jahren gar nicht verbessert. Wenn Herr Zelik sich die Mühe gegeben hätte, hätte er die Obdachlosen dem Guaire-Fluss entlang gesehen, die er sonst nicht sehen konnte. Er hätte sie auch in der Umgebung von Busbahnhöfen sehen können oder einfach in den vielen Slums, die Caracas hat. Und da ist die Lage nicht nur schlimmer als in Berlin, sondern mittlerweile als in Bogota.
Der Deutscher sagt, die U-Bahn wäre praktisch kostenlos. Er hat aber keine Idee über die tatsächlichen Kosten eines durchschnittlichen Venezolaners, der ausserhalb von Caracas den Nahverkehr - in Los Teques, in Charallave, in Valencia, in Maracaibo, in 90% vom Land benutzen will: die Kosten sind höher als in Deutschland.
Auch wenn die Statistiken der Vereinten Nationen mit Vorsicht zu genießen sind - schließlich kommen die meisten Angaben von den jeweiligen Ländern, gibt dieses Bild einen Eindruck über die Entwicklung der Armut in mehreren lateinamerikanischen Ländern wieder:
% der Bevölkerung unter Armut |
Wenn Herr Zelik schreibt, dass die Inflation in Venezuela nicht nur wegen einer verfehlten Wirtschaftspolitik rasant steigt, sondern weil mehr Menschen am Konsum teilhaben können, zeigt er, dass er wirklich nichts, aber auch nichts über Wirtschaftspolitik verstanden hat. Tatsächlich ist es so, dass der Konsum in vielen anderen Ländern Lateinamerikas genauso viel gestiegen ist, die Inflationsraten dort aber ein Bruchteil der Inflation Venezuelas ist.
Herr Zelik versteht wahrscheinlich nicht viel über Geldmenge. Hier habe ich eine Grafik, die zeigt, wie die Regierung Venezuelas seit 2003 Geld gedruckt hat. So was ist völlig verantwortungslos und kann nur von einer Regierung durchgeführt werden, die absolut kein Interesse an Entwicklung hat, sondern nur unbedingt Wahlen gewinnen wird und dann alle Macht eines Landes wahrhaben will.
Herr Zelig will nicht zugeben, dass die Korruption nicht einfach weiter lebt, sondern dass sie dramatisch zugenommen hat. Der Grund ist einfach: die Regierung hat, wie nie zuvor, mehr Kontrolle über alles. Die Gewaltenteilung ist praktisch aufgehoben. Will Herr Zelik das nicht glauben? Wahrscheinlich will er nicht, dass die deutschen Leser erfahren, dass die vorige Vorsitzende des venezolanischen Obergerichts unter Chávez öffentlich erklärte, dass die Gewaltenteilung den Staat schwäche. Die gegenwärtige Vorsitzende ist nicht besser: sie war eine Kandidatin der Chávez-Partei für die Stelle eines Gouverneurs gewesen.
Herr Zelik spricht über die 600000 Sozialwohnungen, die die Regierung in den letzten Jahren gebaut hat. Was er nicht sagt, ist dass selbst zu Zeiten von Caldera II, als die Erdölpreise niedriger standen als jetzt, mehr Sozialwohnungen gebaut und verteilt wurden. Sie waren oft besserer Qualität.
Herr Zelik sagt, die Opposition sei "rechte Opposition". Wahrscheinlich sind die Grünen und die SPD in den Augen Herrn Zeliks lauter "extrema derecha", wie Diosdado Cabello über die Opposition in Venezuela redet. Dass die meisten Parteien der Opposition in Venezuela eher Sozialdemokraten sind und Mitglieder der International Socialista sind, wird man in Deutschland durch Herrn Zelik nicht nicht erfahren.
Was Zelik auch nicht sagt: die Regierung Chávez hat zwar Latifundios von Menschen enteignet, die der Regierung nicht nahe standen. Sie hat aber die Latifundios anderer weiter geduldet. Viele der bolivarischen Bonzen - die Chávez-Familie, zB, aber auch die Familie des ehemaligen Ministers Torres oder des ebenfalls ehemaligen Ministers Chacín - haben jetzt große Latifundios. Eine Landreform hat man nicht durchgeführt. Das ist bemerkenswert: selbst zu Zeiten von Rómulo Betancourt gab es einen Versuch von Agrarreform, wo zumindest einiges verteilt wurde.
Ein guter Auslandskorrespondent soll über mehr viel mehr als Sprachkenntnisse haben. Wenn er (oder sie) über die Wirtschaftslage eines Landes berichten will, muss er in der Lage sein, Wirtschaftsexperten zu befragen, ihnen hinterherfragen. Ein Auslandskorrespondent muss in der Lage sein, mit graphischen Darstellungen über Produktion und Gesundheit, Kriminalitätsrate und Inflation umgehen zu können. Eigentlich lernt man das in der Schule - mit 12 oder 13 Jahren. Viele Menschen müssen danach Grafiken nicht weiter analysieren - zB wenn sie Anwalt oder Baseballspieler werden. Ein Journalist müsste aber ständig damit umgehen können.
Ein Auslandskorrespondent muss, solange er nicht nur über Fußball sprechen will, etwas über Wirtschaftspolitik wissen. Er muss verstehen, wie Inflation entsteht, was Geldpolitik und was Finanzpolitik ist. Dafür braucht er nicht Volkswirtschaftslehre oder Betriebswirtschaftslehre zu studieren. In Deutschland kann er eine der vielen Vorlesungen besuchen, die für Studenten aller Fachrichtungen bestimmt sind, um etwas über Wirtschaft zu lernen. Das habe ich selbst gemacht und mein Fachgebiet hatte mit Wirtschaft nichts zu tun. Es war nur Neugier. Soviel Neugier müsste ein Auslandskorrespondent haben. Wenn er aus irgendeinem Grund keine solche Vorlesungen besuchen konnte, kann er zumindest ein Buch zur Hand nehmen, das Laien die Welt der Wirtschaft erklärt...ein besten ein anderes Buch als Das Kapital (es spricht natürlich nichts dagegen, dass er auch so ein Buch liest.
Es ist Schade, dass öffentliche Medien in Deutschland Zellik zu Wort haben kommen lassen, ohne zuerst zu erklären, was für eine Ideologie dieser Mensch vertritt. Es ist Schade, dass Venezolaner unterschiedlicher Positionen in den deutschen Medien kaum eine Chance bekommen, um Venezuela zu erklären.
Leider gibt es in der deutschen und allg. europäischen Presse immer noch einige Träumer welche denken das System des Chavismus ist grundsätzlich gut, ohne sich auch nur annähernd damit zu beschäftigen. Ich wusste anfangs auch nicht viel darüber und erst als mich näher mit Venezuela zu beschäftigen begann erkannte ich was für eine verfehlte Politik dort durchgeführt wird. Das traurige ist das die Menschen teilweise so indoktriniert sind das sie trotz all den Schwierigkeiten immer noch der Opposition die Schuld geben, so wie dies vor einigen Tagen an den Supermärkten vorgekommen ist als Oppositionspolitiker die Leute auf die Probleme und deren Ursachen aufmerksam machen wollten. Kondome gibt es jetzt scheinbar auch nicht mehr, ein Problem worauf sie ja schon in einem früheren Beitrag hingewiesen haben, die Geburtenrate wird dadurch sicherlich nach oben schnellen! :(
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