Friday 19 February 2010

Im Herzen Venezuelas: Guárico 2

Den Anfang liest man hier


Venezuela ist ein Land von Caudillos. Das war schon so während der spanischen Herrschaft, als conquistadores und deren Nachfahren die Kontrolle im Lande für sich allein beanspruchten und das war mehr so nach der Unabhängigkeit des Landes. Wie ich in einem vorigen Post geschrieben habe, ist die militaristische Neigung in Venezuela sowie der Personenkult besonders stark ausgeprägt. Páez war nicht nur General im Unabhängigkeitskampf, sondern auch dreimal Präsident. Er besaß unglaublich große Ländereien überall in Venezuela, er war als "caudillo de América" bekannt. Er war nur der prominenteste in Venezuela und vielleicht in Lateinamerika. In Venezuela gab es viele andere, wie Monagas, Guzmán und später Gómez.





Gemeinden, mit Namen von Militärmenschen






Auf jeden Fall haben diese Caudillos wenig für das Land getan. Bildung für arme Kinder war kein Thema. Bildung im allgemeinen war immer katastrophal im ganzen Venezuela, aber viel mehr so südlich von der Küste und weg von den Anden. Der geniale Erfinder und Tüftler, den Alexander von Humboldt im Jahr 1800 in Calabozo kennenlernte, war umso bemerkenswerter, als er in einem so entfernten Ort wohnte und forschte.

Guzmán fuhr in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts ein Gesetz für die kostenlose Bildung und die Schulpflicht ein, was aber wenig in der Wirklichkeit änderte. Erst mit den ersten Regierungen von AD gab es massive Anstrengungen, kostenlose Bildung und soziale Fortschritte bis zu den verlassenen Regionen Venezuelas zu bringen. Die Effektivität ließ aber mit der Zeit viel zu wünschen übrig. Das Land war extrem zentralisiert, Gouverneure und Bürgermeister wurden von der Zentralregierung bestimmt und waren letztendlich neue, extrem korrupte Minicaudillos. Das war auch so für Guárico.

Erst im Jahr 1989 konnten Venezolaner zum ersten Mal ihre Gouverneure und Bürgermeister selbst wählen. Die Leute von Guárico wählten für 1989-92 einen AD-Politiker. Für 92-95 war ein Copei-Politiker Gouverneur. Zwischen 1995 und 1998 war ein AD-Politiker wieder Gouverneur des Bundesstaates.



Eduardo Manuitt war der Sohn eines kleinen Bauers. Auf jeden Fall hat er seine Grundschule und bachillerato (ein Jahr weniger als Gymnasium) in Guárico gemacht. Er ging nach Valencia, um dort zu studieren, wo er aber vor allem politisch bei linken Gruppierungen tätig war. Er war Mitgründer der Causa R. Beim Tod seines Vaters kehrte er nach Guárico zurück und beschäftigte sich mit dem Hof der Familie und sowie mit politischer Arbeit für Bauerngewerschaften. Man muß hier betonen: es handelte sich um arme Bauer, nicht um die hacendados. Manuitt brach, wie Aristóbulo Isturiz und andere, mit causa Radical ab und schloß sich der MVR an.

Im Jahr 1998 wurde Manuitt mit den Stimmen der Chávez-Bewegung MVR und mit denen der Sozialististen MAS zu Gouverneur gewählt. Im Jahr 2004 wurde er wieder gewählt. Hier könnt Ihr ein Interview von 2006 auf Spanisch lesen. 2008 durfte Manuitt nicht wieder kandidieren, denn damals galt immer noch eine Amtszeitbegrenzung. Manuitt wollte, ganz im Sinne eines Caudillos, seine Tochter als neue Kandidaten des Chavismos zu machen, die anderen Führer der Bewegung waren aber dagegen: William Lara war ihr Kandidat. Weil Manuitt sich trotztdem für die Kandidatur seiner Tochter einsetzte, wurde er von der Partei ausgeschlossen.

Es gab drei Kandidaten: William Lara für die Regierungspartei, Manuitts Tochter für die Dissidenten von PPT und ein bekannter Volksmusiker der Region, der von allen Oppositionsparteien unterstützt wurde, Reynaldo Armas.

Die Ergebnisse der Gouverneurwahlen von 2008 ergaben eine deutliche Mehrheit für William Lara. Hier sieht man wie viele Stimmen jeder Kandidat in welcher Gemeinde bekam:
















Jeder große Punkt entspricht 1000 Stimmen. Rote Punkte zeigen die Stimmen für William Lara. Rosa steht für Manuitts Tochter. Jeder gelbe Punkt entspricht 1000 Stimmen für Reynaldo Armas. Die Ergebnisse: 52.54% für William Lara, 33.20 für Lenny Manuitt und 13.42% für Reynaldo Armas. Man muss etwas in Venezuela nie vergessen: viele Leute hangen von Arbeitstellen bei der National- oder Regionalregierung ab. Sie werden deswegen die entsprechenden Parteien wählen.

William Lara war auch in Guárico geboren, angeblich stammte er auch aus einer armen Familie. Er hat Comunicación social an der UCV studiert. Comunicación Social ist die Fakultät, um Linksradikal zu werden. Ich weiß es: ich habe an der UCV studiert und dort konnte ich beobachten, wie so viele Studenten, die LKWs oder Autos bei jeder Proteste verbrennen wollten und sehr radikal waren da oder bei der Escuela de Historia eingeschrieben waren. Lara absolvierte später ein Master der politischen Wissenschaften an der Universidad Simón Bolívar. Hugo Chávez hat auch diesen Master angefangen aber nie beendet. Die Universidad Simón Bolívar ist eine der besten Universitäten Venezuelas, das aber eher in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Es ist für diesen Blogger ein Rätsel, was für Standards sie für die Studie der politischen Wissenschaften hat. Die Standards sind nicht so hoch: Chávez selbst denkt, dass die Menschheit erst vor 20-25 Jahrhunderten entstand.

Auf jeden Fall war William Lara 1997 einer der Mitgründer der MVR. Er wurde Abgeordneter und später Informationsminister. Kurz nachdem er Gouverneur wurde, gab er die Empfehlung, seinen Bundesstaat mit dem Bundesstaat Miranda zu vereinen, was einfach Wahsinn ist (hier die seine ersten Bemerkungen und hier seine Relativierung).

Etwas später kamen die Enthüllungen über Manuitts Reichtümer. Diese Bilder sollen ein Teil der Manuitt-Hacienda im Süden Guáricos zeigen:



















Manuitt ist nun auf der Flucht. Er behauptet, er hätte nichts gestohlen und alles sei nur Teil der politischen Verfolgung. So wie bei Rosales habe ich meine Zweifeln. Ich frage mich, ob man solche Haciendas auch dann entdecken wird, wenn William Lara nicht mehr Gouverneur von Guárico ist.

Ein Phänomen, das noch zu untersuchen ist, sind die Morde vieler Bauer zum Teil in den Händen der Polizei in Guárico. Das hat es immer gegeben, zu Zeiten Manuitts war es aber sehr schlimm.

William Lara hat sich als besonders radikaler Politiker erwiesen. Im folgenden Video will er das Wort "Scheisse" unbedingt aussprechen. Dazu benutzt er als Vorwand ein sehr bekanntes Buch von Gabriel García Márquez, Der Oberst hat niemand, der ihm schreibt. Lara betont, Márquez habe den Nobelpreis gewonnen, als ob das die Benutzung dieses Wortes in diesem Kontext rechtfertigen würde.



Die Opposition ist nicht ganz ohne Erfolge in Guárico. In den 2008-Gemeindewahlen hat sie 2 der 15 Gemeinden für sich gewonnen. Diese Gemeinden kann man hier unten in blau sehen. Es sind die Gemeinde Roscio, wo die Stadt San Juan de los Morros ist und die Gemeinde Ribas, wo die kleine Stadt (bzw Dorf) Tucupido ist. In beiden Gemeinden hat keine einzelne Partei der Opposition die Mehrheit, es waren mehr als 10 Parteien, die zusammen arbeiten mussten.


















Die Opposition muss ihre Strategie deutlich ändern. Auch wenn die Oppositionsführer nur in der Hauptstadt und zwei anderen Metropolen sein wollen, müssen sie erkennen, dass man nur dann zu einer Wende kommen kann, wenn man auch in den anderen Regionen eine größere Unterstützung, wenn man die Herzen Venezuelas erobern hat. Auch wenn Venezuela ein sehr urbanes Land ist, stammen viele ihrer Einwohner aus dem Land. Darüber hinaus denken viele Leute in Venezuela, dass "Stadt" nur die Hauptstadt und zwei andere Städte bedeutet. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung leben aber in Städten, die mehr als 100000 aber weniger als 1000000 Einwohner haben. Einige Maßnahmen sind notwendig:

- viele Parteien müssen sich vereinen oder verschwinden; dafür müssen alle Parteien, die in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen wollen, echte Vorwahlen und Transparenz einführen, sowie bestimmte Prinzipien und einen Plan für das Land schriftlich festlegen. Es kann nicht sein, dass wir 20 "liberale", 20 "sozialdemokratische", 20 konservative und noch 40 andersartige Parteien haben. Parteien als Platform für caudillos haben keine Zukunft mehr.
- man muss gut gebildete und ehrliche Führer in allen Gemeinden fördern, Leute, die sich für die Interesse aller einsetzen und nicht die einer Gruppe nur. Dafür muss man in diesen Regionen ständig anwesend sein, Projekte vorstellen, über Ideen für die nachhaltige Entwicklung der Regionen und des Landes sprechen und über die Notwendigkeit, Transparenz und Ehrlichkeit in der Region walten zu lassen.
- man muss die Studenten, die aus diesen Regionen kommen, als Multiplikatoren benutzen, so dass sie Pluralismus und Entwicklung für das ganze Land fördern und fordern - bei ihren Besuchen, in den Ferien, bei ihren Familien.
- man muss die Aufmerksamkeit der wichtigsten Medien auf diese Regionen und auf ihre Bedeutung für die Zukunft der Nation lenken


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