Sunday 31 March 2013

Wasser und Wahlen in Venezuela

Wir haben einen Gast auf dem Blog. Sie ist eine deutsche Freundin, H.

So langsam wird es enervierend: jeden Tag fährt ein Propagandafahrzeug durch die Kleinstadt in Carabobo, mit großen Lautsprechern ausgestattet und spielen immer den gleichen Chavez-Schlager. Man könnte das leicht ignorieren, aber durch die Häufigkeit wird es nervig. Wie in Südamerika üblich ist die Lautstärke nicht gedrosselt, man weiß wo sich der Wagen gerade befindet, so werde ich regelmäßig und lautstark kreisförmig umfahren.
 
Das Kaufen der Wähler hat begonnen. Gestern wurden von zwei Lastwagen Wassertanks zu 1100 Liter abgeladen und kostenlos an die Bevölkerung verteilt. Jeder hat zugegriffen, ob er einen funktionierenden Wassertank hat oder nicht. Benötigt wurde nur der Personalausweis. Bei uns ist der Wassertank kaputt, es haben sich Risse gebildet und so verlieren wir Wasser über das Dach. So kam diese Aktion zumindest für uns zeitlich günstig.

Aber ändert das ja nichts daran, dass das Hidrocentro, das öffentliche Wasserwerk, das Wasser für alle Einwohner nicht sicherstellen kann. Wasser führen die Leitungen vom Hidrocentro zweimal in der Woche oder gar nicht. Jedes Haus hat einen Tank auf dem Dach oder unter der Garage in den man das Wasser mit einer privaten Pumpe hochpumpt um es über die Hausleitungen zu verteilen, es fließt dann über die Schwerkraft. Tief liegende Wassertanks müssen eine private Wasserpumpe haben. Häufig ist der Druck aus dem öffentlichen Wassernetz nicht hoch genug um wie in Deutschland immer Wasser aus dem Hahn zu bekommen.

Kepler sagt: siehe hinten die kubanische neben der venezolanischen Flagge. Chavista-Bonzen loben die Bereitstellung von Wassertanks, obwohl dies eigentlich nur zeigt, wie das Wasserverteilungssystem in Venezuela im Eimer ist.
Der Stadteil im Zentrum hat Glück, zwei Wasserfälle aus dem Nationalpark speisen ein Auffangbecken weit oben, bevor der Rest in den Fluss geleitet wird. Vor ca. 20 Jahren haben sich die Nachbarn zusammengetan und ein separates Wassernetz mit einer Pumpe aufgebaut. Dieses System funktioniert gut und wird von einigen Nachbarn in Stand gehalten. Nach starken Regenfällen löst sich der Sand aus den Bergen und verstopft die Leitung. Ist die Pumpe kaputt oder ein anderes Problem, wird eine kleine Versammlung abgehalten und ein bisschen Geld gesammelt und alles repariert. Dieses Wasser aus den Bergen ist fast ununterbrochen zugänglich, auch wenn es manchmal durch Sand getrübt ist. In der Regel lässt man die Trübung in einem Tank absinken und kann es dann benutzen. Zum Trinken muss es abgekocht oder durch eine Ozondesinfektion geleitet werden.

Seit letztem Jahr arbeitet die Nachbarschaftsgemeinschaft nun an der dritten Ressource. Ein Projekt wurde ins Leben gerufen, Geld beim Bürgermeister erbeten und ein neuer Brunnen gebohrt. Das Wasser ist aber wieder nur für den Stadteil im Zentrum. Für diese dritte Ressource soll nun ein drittes Leitungsnetz verlegt werden. Für diesen zweiten Teil des Projektes wartet man wieder auf Geld von der Stadtverwaltung. Ich kann nicht verstehen warum man das Geld von der Stadtverwaltung nicht in ein Projekt steckt, dass endlich dafür sorgt, dass das Hidrocentrum seine Aufgabe erfüllt und regelmäßig sauberes Wasser liefert. Inzwischen zahlt niemand mehr die Wasserrechnung, weil man aus diesen Leitungen kein Wasser bekommt. Das Wasserwerk hat entsprechend keine Einnahmen und kann nichts reparieren und hat überhaupt das Interesse verloren.

Und nun haben sie auch noch Wassertanks mit einem Aufkleber mit Bild vom Bürgermeister der PSUV geschenkt bekommen. Die Nachbarin versteht nicht warum ich das System kritisiere, ist doch toll einen Wassertank geschenkt zu bekommen: „Du immer mit deiner Kritik an den Chavista“.

Im einem anderen Stadtteil müssen die Leute Wasser kaufen, da das Wasser vom Hidrocentro in den Leitungen nur ab und zu mal kommt, oder eben gar nicht. Fährt man vom Zentrum in Richtung dieses Stadtteils kommt man an einer Straßenkreuzung vorbei, die fast immer Nass ist, das Leck hat der Straßenbelag ist schon ganz aufgelöst. Man sagte mir, früher hätte es Wasseruhren gegeben und jeder hätte daran den Wasserverbrauch ablesen können und dann bezahlt. Nun zahlt kaum noch jemand Wasser, weil es ja regelmäßig ausbleibt. Ich kann das Wasserwerk verstehen, dass sie nichts investieren, wenn die Leute nicht zahlen. So fahren eben die Wasserwagen. An der großen Kreuzung verlieren sie noch Wasser weil der Deckel oben nicht geschlossen wurde und die Leute müssen eben so zahlen. Wenn ich mich richtig erinnere sind es pro Tankladung 100BsF. Der Minimalvertrag beim Hidrocentro für Wasser und Abwasser kostet 15 BsF im Monat (auch lächerlich, aber wenn man dafür gar nichts bekommt, außer dass das Abwasser abgeleitet wird). Das Abwasser kommt dann aber auch regelmäßig bei Starkregen wieder die Gullis hoch und überschwemmt Straßen und Wege.

Nun haben sie in einem anderen Stadtteil auch eine Nachbarschaftsversammlung abgehalten. Ich fragte, ob sie auch Wassertanks bekommen hätten, "Nein, die waren nur für den Stadtteil im Zentrum". Unglaublich, wer laut schreit und Beziehungen hat, besitzt zum Schluss drei Wassersysteme für das Haus, bekommen einen Wassertank ob sie ihn brauchen oder nicht und andere haben nichts.

Ein anderer Nachbar ist eigentlich gegen die Chavista, hat aber bei denen einen Job gefunden und nun heult er mit den Wölfen. Es heißt in der Werkstatt nicht mehr Kollege sondern jetzt Kamerad. Ich sagte ihm, er müsse aufpassen, dass wenn es zu Ende geht, dann würde in den gleichen Sack geschmissen und es würde auch auf ihn eingeschlagen werden. Er meinte, ohne das hätte er eben auch keinen Job. Kann man auf der Seite dann auch verstehen.

Opportunismus und Selbstzensur leben in Venezuela. Wenn die sich alle trauen würden zu wählen und die Wahlen geheim wären. Selbst Chavista haben mir gegenüber bezweifelt, dass die Wahl geheim ist, sie meinten sie würden sich nicht trauen die Opposition zu wählen.

Letzte Wochen gingen sie rum und haben Flyer für die Wahl verteilt: Die Erfolge im Wohnungsbau von 2001 bis 2008 wurde darin dargestellt. Was sie wohl inzwischen gemacht haben? Mit solch alten Kamellen macht die PSUV Wahlwerbung. Vielleicht waren die Zettel auch noch von der letzten Wahl übrig geblieben. Maduro hat ja auch das selbe Parteiprogramm eingereicht wie Chavez.

Genau einen Tag vor der letzten Wahl wurde in der Kleinstadt ein Teil der Hauptstraße geteert, die Löcher gab es schon seit 10 Jahren. Die restlichen Löcher müssen wohl bis zur nächsten Wahl warten oder zur übernächsten. Vielleicht lohnt es sich aber auch nicht, man kann da ja schlecht ein Bild vom Bürgermeister aufkleben.

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