Saturday, 26 January 2013

Chronik vieler sehr angekündigten Tode


Zumindest 54 Menschen sind gestern im venezolanischen Gefängnis von Uribana umgebracht worden. Über 85 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Die meisten der Toten waren Insassen, es gab aber auch zumindest einen Priester und einen Mann der paramilitärischen Polizeieinheit Venezuelas, der Guardia Nacional. Die Guardias Nacionales haben uralte Panzer französischer Herkunft benutzt, um ins Gefängnis zu gelangen und die Entwaffnung der Insassen zu bewirken. Dass man Panzer dafür benutzen muss, sagt was. Dass es uralte französische Panzer und nicht neuere chinesische oder russische Panzer waren, für die die Chávez-Regierung viel Geld ausgegeben hat, sagt uns vielleicht was anderes, ist aber für dieses eine Thema nicht relevant.


Uribana im Bundesstaat Lara

Viele sahen dieses traurige Ereignis kommen, anscheinend aber nicht die jetzige Regierung. Es ist Teil unserer Chronik der unzähligen angekündigten Tode Venezuelas. Einige der Referenzen, die ich hier von der deutschen Wikipedia benutze, sind Texte, die ich selbst in den letzten Monaten verfasst habe, denn ich wollte mal versuchen, zumindest einige Momente dieser Chronik festzuhalten, denn sehr wenige im Ausland hören davon. Diese Ereignisse werden einfach nur in bald in Vergessenheit geratenen Zeitungsartikeln bleiben.

Venezolanische Gefängnisse waren seit Kolonialzeiten Orte von Ungerechtigkeit, wie Alexander von Humboldt schon  vor 200 Jahren erzählte. Damals schrieb Humboldt über den Fall eines Zambos, der seinen Freund Bonbland und ihn angegriffen hatte und dann festgenommen wurde:

"Da der Rechtsgang hier zu Lande so langsam ist, daß die Verhafteten, von denen die Gefängnisse wimmeln, sieben, acht Jahre auf ihr Urtheil warten müssen, so hörten wir wenige Tage nach unserer Abreise von Cumana nicht ohne Befriedigung, der Zambo sey aus dem Schlosse San Antonio entsprungen."


Nichts hat sich geändert, wenn es nicht zum Schlechteren, was ziemlich dramatisch ist, wenn man bedenkt, dass damals dänische oder schwedische Gefängnisse nicht besser waren als venezolanische Zugsanstalten, wie der venezolanischen Reisenden Francisco de Miranda in seinen europäischen Tagebüchern zu berichten wusste

Die Lage in Venezuela der letzten Jahrzehten wurde immer schlimmer. Es gab einige Massaker zu diesem oder zum anderen Zeitpunkt. Was wir aber in den letzten Jahren erleben müssen hat ganz neue, schrecklichere Masßstäbe erreicht.

Im Grunde genommen haben die Gefangene seit etwa 10 Jahren die Gebäude unter ihrer Kontrolle. Da kommen die Guardias Nacionales selten rein. Das Gebiet haben sie aufgegeben. Sie haben aber die Kontrolle der Drogen und Waffen, der Handys und des Essens, die hineinkommen. Und sie verdienen gut dabei. Unter den Guardias Nacionales sind extrem korrupte Individuen, viel zu viele. Drogen und Handys gibt es auch in vielen europäischen Gefängnissen. Gefangene laufen aber nirgerdwo anders so unbehindert mit Waffen allerart wie in Venezuela herum. Die Gefängnisse sind nirgendwo so chaotisch. Gefangene in Venezuela haben AKs, jede Menge Handgranatten, unzählige Feuerwaffen aller Art. Es gab in den letzten Jahren immer wieder Massaker in Zentren wie Centro Penitenciario de la Región Andina, El Rodeo, Santa Ana,  Tocuyito und Yare. Nur im Gefängnis von San Antonio leben die Gefangenen "anders", wie die NY Times berichtete. Manche haben Pech, manche haben Geld oder Vitamin B.

Die "bolivarische" Regierung hat schon seit Jahren versprochen, die Zustände in den venezolanischen Gefängnissen menschlicher zu machen. Sie hat, wie immer, einfach nur die Lage chaotischer und gewaltsamer gemacht. Die Regierungsbeamten sind höchst inkompetent und viele, wie Iris Varela, die Leiterin des von Chávez erfundenen Ministeriums der "Volksmacht für den Dienst der Zugsanstalten", haben selbst psychologische Probleme. Diese Ministerin spricht lieber über die Augenfalten der Oppositionspolitikerin María Corina Machado oder schickt obszöne Tweets über was die Opposition machen soll, als dass sie sich im Ernst mit ihrem Auftrag zu befassen. Hier könnt Ihr auf Spanisch die Version der Ministerin lesen. Die Schuld des Massakers scheint bei der Presse zu sein, da sie über die Anwesenheit der Panzer im Gefängnis berichteten. Ansonsten scheinen die Regierungsmedien nichts zu berichten. Hier könnt Ihr das selbst lesen. Prawda war super guter Journalismus verglichen damit. Dies ist Fox News mal Prawda mal Izwestia.

Chávez und die meisten der Bonzen seiner Pseudorevolution sind Militärs. Und im Grunde genommen kennen sie nur das, was die venezolanischen Militärs immer gemacht haben. Sie gehören aber zu den schlimmsten Militärs, die wir hatten, wie die Lebensläufe vom Verteidigungsminister Molero Bellavia, vom früheren Innenminister Rodríguez Chacín oder vom jetztigen Chávez-Abgeordneten Róger Cordero bezeugen.  

Es gibt kein durchgedachter Plan für die Sicherheit meines Landes. Es gibt nur Schritte, die faule, wenn nicht extrem korrupte Bonzen unternehmen, wenn es zu brenzlig wird. Im Jahr 1998 hatte Venezuela eine Mordrate von 19 pro 100000 Einwohner. Das war schlimm, aber lange nicht so schlimm wie in Kolumbien oder Brasilien. Jetzt liegt die geschätzte Mordrate um die 65 Tote pro 100000 Einwohner (die Regierung weigert sich nun, nationale Angaben zu veröffentlichen, diese können aber aus zahlreichen Polizeiberichten und aus den Leichenhäusern ermittelt werden). Somit hat Venezuela jetzt die höchste Mordrate Südamerikas - bei weitem über Kolumbien.



Dazu auf Englisch BBC

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