Das Auslandsjournal hatte gestern eine Sendung über Gewalt in Venezuela, genauer gesagt über den Secuestro Express. Hier könnt Ihr sie sehen (ab Minute 13:18).
Einiges stand nicht da: die Entführungen betreffen meistens Leute der breiten Mittelschicht (also ungefähr alle, die ein Auto, ob uralt und runtergekommen oder nicht, haben) und der Oberschicht. Das ist etwa 30% der Bevölkerung. Die anderen, von sehr arm bis Untermittelschicht, müssen zwar kaum Entführungen fürchten, sie werden aber umso häufiger ausgeraubt. Die Leute in den Slums können auch viel leichter Opfer von verlorenen Kugeln bei den unzähligen Droggenkriegen werden.
Noch ein Kommentar: die Mordrate in Venezuela ist seit 1998 nicht um 70% sondern um über 300% gestiegen, wie man das aus UNODC-Daten (von Venezuela selbst geliefert) entnehmen kann.
Ich würde sehr gern vom Herrn Dieterich mal wieder hören, wie es war mit dem Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Irgendwie muss die Kriminalität in Venezuela ausschliesslich mit dem Kapitalismus, mit trojanischen Pferden und mit fünften Kolonnen zu tun haben. Forget about Chile.
An die useful idiots, die immer noch die Regierung der Militärs in Venezuela unterstützen sage ich: bitte, kommen Sie nach Venezuela und bleiben Sie wirklich im Land ein Jahr lang...ohne Leibwache - auch ohne PSUV-Führer.
Ich hab mal geglaubt, dass der Chavismo zumindest die in ganz Lateinamerika aus europäischer Sicht echt drängende soziale Frage in den Vordergrund stellen würde. Mit veralteter Rhetorik, aber immerhin in den Vordergrund. Selbst das ist Quatsch. Inzwischen sehr wahrscheinlich, dass ich zumindest für eine Zeit als Multifunktions-Projekt-Typ auf all things Java in Chile arbeiten werde. Das ganze Ding kann noch scheitern.
ReplyDeleteZurück zum Thema. Ich habe inzwischen den Eindruck, dass sich hier in Chile ein effektiver Bürgerwiderstand gegen die sozialen Atavismen dieses Landes bildet. Und zwar ein pragmatischer Widerstand, der eben auf reale Ziele und keine ideologischen Ormanente fokussiert ist.
Wenn dem so sei, werden sich die Opportunitäts-Kosten des Regimes Chávez und seiner retro-70ties Klaquateure als noch höher erweisen als ich bislang gedacht hab.
Die von den Euro-Kids so gerne angeführten "sozialen Bewegungen" entwickeln sich in einem transparenten Konflikt mit einer letztlich klassen-mässig denkenden, aber z.T. auf die Dauer auch zuhörbereiten Oligarchie besser als eingebunden in die bolibananische Propaganda-Maschine.
Der viejo peludo Heinz weiss doch genau, welches Monster im Chavismo aus gewissen nicht nur linken lateinamerikanischen Denktraditionen entstanden ist. Nur finanziert diese zukunftszerstörende Maschine mit Ölantrieb halt den guten Evo, Raúl Castro und wen nicht noch alles.
Es kann sein, dass der Kirchnerismus in ein paar Jahren in einen makroökonomischen Zusammenbruch einmündet. Selbst das wär NIX im Vergleich zu der Fehlsteuerung von praktisch allem unter Chávez.
Solidarische Grüsse
Lemmy
Hallo, Lemmy.
ReplyDelete"Ich hab mal geglaubt, dass der Chavismo zumindest die in ganz Lateinamerika aus europäischer Sicht echt drängende soziale Frage in den Vordergrund stellen würde."
Ganz Lateinamerika stellt sich nun die Frage: "wie kann die Hälfte einer ganzen Gesellschaft so blind sein?" Insofern kann man über eine soziale Frage sprechen zu Massenblindheit. Aber es stimmt: Chávez ist das Schlimmste, was für Sozialbewegungen in Lateinamerika passieren konnte...echte soziale Bewegungen werden es nun schwieriger haben.
Kannst Du Näheres zu diesem Widerstand sagen? Was für Atavismen? Ich habe gehört, Chile sei ziemlich konservatif in vielen Hinsichtigen. Ich kenne leider nicht viel über das Land. Ich weiss, dass man jetzt die Unis kostenpflichtig macht bzw machen will, dass sich die Lage der Armen nicht so entwickelt, wie sie angesichts des Wachstums entwickeln müsste, sonst eher wenig. Anscheinend tut sich doch was in der Bildung - auch wenn Du sicher weniger aufmunternden Geschichten kennst, als was man bei PISA-Studien lesen kann.
Gestern habe ich ganz kurz ein Interview bei Bloomberg oder so was gesehen, wo eine Unternehmerin aus China sprach. Der Journalist hat eine Frage über Bildungsqualität gestellt. Dabei hat er die Privatisierung der Bildung als Voraussetzung für eine Verbesserung als selbstverständlich gehalten. Die Frau hat das auch so gesehen, anscheinend, weil es so in den USA ist. Das ist aber so falsch! Es gibt ohne Zweifel viele der besten Unis in den USA und sie sind oft privat, der Fortschritt in den USA hatte aber ganz andere Gründe: die Einwohner der USA hatten zu den Zeiten der Unabhängigkeit schon ein sehr gutes Bildungsniveau, viel besser als das der Leute in den Indian Territories und im ganzen Lateinamerika. Danach bekam die USA weiterhin Millionen Menschen, die meistens ein relativ gutes Bildungsniveau hatten. Ohne Einwanderung von Hochqualifizierten würden die USA nun in der Klemme sitzen.
Und diese Art von einseitigen Diskussionen sieht man leider jetzt im spanischen Amerika: ob wir nicht bzw wie wir das private System der USA übernehmen sollten.
Das ist Schade. Man müsste eine breitere Diskussion haben über verschiedene Modelle.
Zu Heinz:
Man muss ein Museum der "useful idiots" eröffnen. Dann könnte man an Leute wie Heinz die Frage stellen, ob sie sich in dieser Tradition sehen.
Einstein hat eine Zeit lang Stalin verteidigt. Wenn Einstein, der schon einen solchen grossen Beitrag zur Physik geleistet hat, politisch so dumm sein konnte...
Aus Wikiquote Max Born
Born commented: "The Russian trials were Stalin's purges, with which he attempted to consolidate his power. Like most people in the West, I believed these show trials to be the arbitrary acts of a cruel dictator. Einstein was apparently of a different opinion: he believed that when threatened by Hitler the Russians had no choice but to destroy as many of their enemies within their own camp as possible. I find it hard to reconcile this point of view with Einstein's gentle, humanitarian disposition."